Osteopathie

Ist eine ganzheitliche Behandlungsmethode, bei der der Osteopath den Menschen mit seinen Händen untersucht und behandelt. Der Osteopath untersucht das Gewebe des ganzen Körpers, um etwaige Bewegungseinschränkungen aufzuspüren und dann zu behandeln. Osteopathie behandelt vorbeugend und ist bei vielen Krankheiten sinnvoll, da diese oft Ausdruck eines gestörten Zusammenspiels der verschiedenen Systeme des Körpers und der Organe sind.

1864 musste der amerikanische Landarzt und Missionarssohn Andrew Tayler Still (1828 – 1917) mit ansehen, wie zwei seiner Kinder qualvoll an Meningitis verstarben. Daraufhin suchte er eine „bessere“ Medizin, die einfach und erfolgreich sein musste. Rasch erkannte er das enorme Potential der Hände und entwickelte auf Basis der „Knochensetzer“-Methoden verfeinerte Techniken, die Grundlage der gesamten modernen Manualmedizin werden sollten.

Still praktizierte aus Nächstenliebe. Er verstand den Menschen in seiner Einheit aus Körper, Geist und Seele stets als Teil einer vollkommenen Schöpfung. Er liebte die Natur und erforschte die dynamischen Wechselwirkungen zwischen Struktur und Funktion in ihr. Fasziniert von ihrer Fähigkeit zur Selbstordnung, vermutete er, dass „sich alle Heilmittel der Natur in Form einer Apotheke Gottes im Körper befinden.“

Still war überzeugt, dass die Fähigkeit zur Selbstheilung vom Fließen der Körperflüssigkeiten (Blut, Lymphe und „Nervenwasser“) abhängt und dass dieses für die Gesundheit essenzielle Fließen durch anatomische Störungen – er nannte sie Läsionen – behindert werden kann.

Erkrankungen in den unterversorgten Bereichen sind die Folge. So mahnt er seine Kollegen: „Nicht den Kranken zu heilen ist die Pflicht des Behandlers, sondern einen Teil des ganzen Systems wieder so anzupassen, dass die Lebensflüsse fließen und die ausgetrockneten Felder bewässern können.“ Den Rest erledigt die Natur.

Aufgrund enormer Behandlungserfolge musste Still seiner Medizinphilosophie bald einen Namen geben. Da er mit manuellen Techniken über die Knochen (griech. Osteon) indirekt die Leiden (griech. Patheios) seiner Patienten linderte, nannte er sie Osteopathie. Als  Still 1917 starb, praktizierten weltweit bereits über 20.000 Osteopathen seine „bessere“ Medizin.

Nach osteopathischer Auffassung geht es vorrangig darum, die Gesundheit des Patienten im Vertrauen auf die Kraft der natürlichen Selbstordnung zu aktivieren, damit sie die Krankheit verdrängen kann. Dieser Ansatz zeigt bei funktionellen und chronischen Erkrankungen gute Erfolge.

Schulmediziner sehen ihre Aufgabe eher in der Bekämpfung von Pathologien bzw. Erkrankungen, z.B. durch Medikamente oder Operationen. Dies ist insbesondere in medizinischen Akutfällen (Knochenbrüche, schwere Infektionen, etc.) bzw. bei strukturellen Veränderungen wie etwa beim primären Diabetes mellitus das Mittel der Wahl.

Die therapeutische Kunst besteht in der Entscheidung, wann was notwendig ist. Und dazu bedarf es der toleranten Kooperation!

Seriöse Vertreter beider Seiten werden daher immer offen, mit Respekt und vertrauensvoll miteinander umgehen – nicht nur um voneinander zu lernen und differenziert entscheiden zu können, sondern weil sie dasselbe wollen:

Das Wohl ihrer Patienten.

Die meisten osteopathischen Techniken können unter zwei Gesichtspunkten angewendet werden:

  • Strukturell: Hier ist die Zielsetzung eine aktive Änderung der strukturellen Ordnung, zum Beispiel das aktive Lösen einer Blockierung…“
  • Funktionell: Hier „begleitet“ man das Gewebe, bis es sich selbst befreit, z.B. bei der Faszien-Release-Technik.

Da Funktion und Struktur untrennbar miteinander verbunden sind, kann es vorkommen, das während der Anwendung einer funktionellen Technik plötzlich strukturelle Veränderungen stattfinden – und umgekehrt. Zudem „antwortet“ der Körper bzw. das Gewebe nicht selten schon während der einfühlsamen manuellen Untersuchung, die in diesem Fall mit der Behandlung verschmilzt.

Körper, Geist und Seele stehen in enger Wechselwirkung miteinander. Somit können bei einer Gewebebefreiung auch emotionale Phänomene auftreten (sog. SER, d.h. Somato-Emotional-Release). Sie gehören zum Prozess der Selbstheilung und helfen dem Patienten, die neue Situation schneller zu integrieren.

Wann ist Osteopathie sinnvoll? Grundsätzlich ist jedes lebende Gewebe behandlungsfähig.
Das bedeutet, dass Menschen jeden Alters und jeder Konstitution behandelt werden können.

Osteopathie wird angewendet bei Säuglingen und Kindern mit:

  • Geburtstraumata, zum Beispiel nach sehr schnellen oder schwierigen Geburten
  • Zangen- oder Saugglockengeburten
  • Kaiserschnittgeburten
  • Stillproblemen, Saug- oder Schluckstörungen
  • Schiefhals, KISS-Syndrom, Schädelasymmetrien
  • emotionalen Problemen, unstillbarem Schreien
  • Augenproblemen, Schielen
  • Mittelohrentzündungen, Mandelentzündungen
  • Verdauungsproblemen, Übelkeit
  • Asthma
  • Infektanfälligkeit, Bronchitis, Sinusitis
  • Kopfweh, Erschöpfung, Ängsten
  • Schädeltrauma, Gehirnerschütterung
  • Rückenschmerzen, Skoliose
  • kieferorthopädischen Problemen
  • Lernstörung, Konzentrationsstörungen, Verhaltensproblemen
  • Schulangst, ADS, ADHS

Osteopathie bei Erwachsenen:

  • Rückenbeschwerden
  • Gelenkschmerzen
  • Bandscheibenvorfällen
  • Schleudertrauma
  • Kopfschmerzen, Migräne
  • Tinnitus
  • Schwindel
  • Funktionsstörungen der Kiefergelenke
  • chronischen Nasennebenhöhlenentzündungen
  • Verdauungsproblemen
  • Harninkontinenz
  • Menstruationsbeschwerden
  • unerfülltem Kinderwunsch
  • Beschwerden während der Schwangerschaft und im Wochenbett
  • Operations- und Verletzungsfolgen
  • Folgen von Sportunfällen

Wie bei diesen und allen anderen Akuterkrankungen wird Osteopathie hier lediglich als begleitende Maßnahme eingesetzt.